Marek Listl, September 2015


English translation


Die Zerstörungsfreie Prüfung von CFK-Sandwichstrukturen hat vor allem in der Luft- und Raumfahrt einen großen Stellenwert, da hohe Gewichts- und Steifigkeitsanforderungen mit strengen Sicherheitsvorschriften zusammentreffen. Dabei stehen verschiedene Verfahren zur Auswahl, wobei zwischen der Prüfung direkt nach der Herstellung und der Prüfung während des Einsatzes („in field“) unterschieden wird.

Luftfahrt Sandwichstruktur mit Aluminiumkern.

Von Olivier Cleynen, Composite honeycomb exhaust duct (2).jpg Unter CC BY-SA 3.0, https://en.wikipedia.org/wiki/Sandwich-structured_composite#/media/File:Composite_honeycomb_exhaust_duct_%282%29.jpg


Motivation

Seit den 30er Jahren führt die steigende Verwendung von kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) zu besonderen Anforderungen bei der Zerstörungsfreien Prüfung. Dabei stellen vor allem Sandwichstrukturen auf Grund des Materialmixes besondere Herausforderungen dar. In der Luft- und Raumfahrt machen jedoch die Sicherheitsbestimmungen eine Prüfung während der Herstellung und der Nutzungsphase unumgänglich.

Grundlagen Sandwichstrukturen

Im Zuge der Anforderungen an Leichtbau, sollten Platten- und Schalenelemente möglichst dünnwandig ausgeführt werden. Auf Grund ihrer dann geringen örtlichen Biegesteifigkeit sind sie dadurch jedoch „stabilitätsgefährdet“. Sie können knittern und beulen. Durch entsprechende Versteifungen kann dem entgegengewirkt werden (Abbildung: Versteifte Rumpfstruktur des Airbus A340). Einen Schritt weiter führt die Sandwichplatte und –schale. Dabei werden zwei Plattenhälften durch einen Kern in einen bestimmten Abstand gebracht. [1] Gebräuchliche Ausführungen für Kerne sind Schäume und Waben aus Aluminium, Kunststoff, CFK oder Papier. [2] Im Allgemeinen besteht eine solche Platte aus [2]:

  • Deckschichten ("face sheets") dünne und steife Decklagen (im hier betrachteten Fall aus kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (CFK)) zur Übertragung axialer Lasten, Biegung und Schub
  • Kern ("core") möglichst leichter Kern zur Stützung der Deckschichten, zur Lastübertragung zwischen den beiden Deckschichten, sowie zur Lastaufnahme von Schub senkrecht zur Plattenebene
  • Verbindungskomponente ("interface"), meistens eine Klebeschicht, stellt die Verbindung und damit die Kraftübertragung zwischen Deckschichten und Kern sicher.

Diese Konstruktion weißt ein besonders gutes Verhältnis von Biegesteifigkeit zu Gewicht auf. Im Vergleich zu einer Platte mit einer Dicke von 2 mm weist eine Sandwichschale mit einer Deckschichtdicke von jeweils 1 mm und eine Kernhöhe von 20 mm ein ca. 150-mal höheres Flächenträgheitsmoment auf [1] (S.87).

Versteifte Rumpfstruktur des Airbus A340.

von Sovxx über CC BY-SA 3.0 File:Airbus A340 Intérieur Fuselage Arrière.JPG Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Flugzeugrumpf#/media/File:Airbus_A340_Int%C3%A9rieur_Fuselage_Arri%C3%A8re.JPG

Typischer Aufbau einer Sandwichstruktur.

Versagensmechanismen und Fehlerarten

Um die Potentiale der Prüfverfahren bestimmen zu können, müssen die möglichen Schädigungsformen bekannt sein. Dabei ist jedoch zwischen Schädigungen, welche nur die Deckschichten betreffen und solchen welche den Kern bzw. die Wechselwirkung zwischen Kern und Deckschicht betreffen zu unterscheiden. Für erstere sei auf Artikel zur Prüfung von CFK Bauteilen verwiesen. Mögliche Prüfverfahren sind dabei Thermographie sowie Ultraschall- und Wirbelstromprüfung. Versagensarten welche durch die hier vorgestellten Prüfverfahren detektiert werden sollen sind [3][4]:

  • Beulen zwischen den Wabenstegen
  • Symmetrisches und asymmetrisches Knittern
  • Knittern des Wabenkerns
  • Bruch des Wabenkerns
  • Ablösung der Deckschicht

Zusätzlich zu den Versagensarten können verschiedene Fehlerarten aus der Herstellung auftreten. Wie bei den Versagensarten werden auch hier diejenigen Fehler der monolithischen Deckschichten nicht betrachtet. Im Bereich des Kerns können folgende Fehler auftreten [4]:

  • Bruch orthogonal zur Oberfläche
  • Deformation
  • Orientierungsfehler.

Unregelmäßigkeiten bei der Verbindung zwischen Kern und Deckschicht sind [4]:

  • Ablösung
  • Schlechte Klebung (weak bond)
  • Kleberüberschuss
  • Klebermängel
  • Fremdkörpereinschluss.

Der tatsächliche Einfluss eines Defektes ist stark bauteilabhängig. Daher ist eine allgemeine Einteilung und Klassifizierung der Kritikalität erschwert. Es lässt sich jedoch sagen, dass solche Defekte als kritisch zu bewerten sind, welche eine der oben genannten Versagensarten direkt oder indirekt zur Folge haben. [4]

Verfahrensgrundlagen

Für die unterschiedlichen Prüfverfahren stehen im Wesentlichen drei Wellenarten zur Verfügung. Diese sind elektromagnetische, thermische und elastische Wellen. Entscheidend ist, wie stark der Widerstand für die Wellenausbreitung im Material ist, wie gut die Welle in das Bauteil eindringen kann und wie stark Grenzflächen zur Reflexion, Absorption bzw. Transmission führen. Der Ausbreitungswiderstand kann bis zu gewissen Grenzen durch höhere Leistungen überwunden werden. Er ist daher wenig selektiv. Bedeutsamer ist vielmehr das Verhalten an den Grenzflächen der drei Materialien CFK-Deckschichten, Kleber und Kern sowie der möglichen Fehler wie Luft und Fremdkörper (z. B. Folienreste). Ausschlaggebend für die Ausbreitungsbeeinflussung ist die elektromagnetische Impedanz \underline{Z}_W:

\underline{Z}_W=\sqrt{\frac{j\omega \underline{\mu}}{\sigma+j\omega \underline{\epsilon}}}

  • \omega: Kreisfrequenz der Wellenschwingung

  • \underline{\mu}: komplexe Permeabilität
  • \sigma: elektrische Leitfähigkeit
  • \underline{\epsilon}: komplexe Permittivität


akustische Impedanz: \qquad Z=\rho*c

  • \rho: Dichte

  • c: Schallgeschwindigkeit


sowie der Wärmeeindringkoeffizient:  \qquad e=\sqrt{\lambda \rho C}

  • \lambda: Wärmeleitfähigkeit

  • \rho: Dichte
  • C: spezifische Wärmekapazität


Hohe Unterschiede dieser Kennwerte der Sandwichkomponenten und Fehlstellen erschweren das Durchdringen der Welle durch das Bauteil. Eine gute Detektierbarkeit ist die Folge. [1]

Eine zusätzliche Unterteilung der Messverfahren ergibt sich neben den verwendeten Wellenarten auch durch die einseitige bzw. zweiseitige Messung sowie der notwendigen Anbindung. Bei beidseitigen Messungen, wie der Ultraschall-Durchschallung, ergibt sich ein erheblicher Mehraufwand durch die exakte Steuerung der gegenüberliegenden Messköpfe. Darüber hinaus kann bei einer „in field“-Inspektion eine beidseitige Prüfung auf Grund des hohen Demontageaufwandes zum Teil nicht sinnvoll eingesetzt werden. Ist die Ankopplung per Luft nicht möglich muss eine Ankopplung mit Wasser oder einem anderen Koppelmittel genutzt werden. Komplexe Infrastrukturen sowie aufwendige Vorarbeiten, wie das Abdichten gegen Wassereintritt, sind die Folge. [4] Ein optimales Prüfverfahren ist daher einseitig und mit Luftanbindung realisierbar.

Prüfverfahren

In untenstehender Tabelle sind ausgewählte Messverfahren zur Prüfung von CFK-Sandwichstrukturen mit ihrem Zugrunde liegenden physikalischen Prinzip aufgeführt. Bei der Beschreibung der einzelnen Verfahren ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass die Möglichkeiten sich von Bauteil zu Bauteil ändern. Die meisten hier beschriebenen Messungen wurden an einem ebenen Probekörper unter idealen Bedingungen durchgeführt. Bei realen Bauteilen kann das Ergebnis in Details anders ausfallen.

MessverfahrenMessprinzipAnkopplungEinseitige Messung
Computertomographieelektromagnetische WelleLuftnein
Pulse Thermographiethermische WelleLuftmöglich
Thermographie mit Ultraschallanregungthermische und elastische WelleLuftmöglich
Impuls-Echo Ultraschallelastische WelleWasser/ Luftja
Luftultraschallelastische WelleLuftmöglich
Schmalbandige Resonanzanalyseelastische WelleDirekt am Bauteilja
Lambwellenanalyseelastische WelleDirekt am Bauteilja
Shearographie mit thermischer Anregungelastische WelleLuftja
Shearographie mit Vakuumhaubeelastische WelleVakuumja

Computertomographie

Die Computertomographie (CT) ermöglicht hochauflösende 2D- oder 3D-Analysen von Proben. Als wesentliche Unterschiede zur medizinischen CT, weist eine technische Anlage einen flexibleren Versuchsaufbau auf und kann auf Grund des nicht notwendigen Patientenschutzes mit deutlich höheren Strahlendosen und Belichtungszeiten arbeiten [5]. Ein weiterer Vorteil ist die mögliche Umwandlung der Messdaten in CAD-Daten. Dadurch lässt sich am realen Bauteil mit Fehlstellen eine FEM-Analyse durchführen [6]. Die CT ist einer der zuverlässigsten und genauesten Prüfverfahren. Nachteile sind die begrenzte Bauteilgröße sowie die zwingend beidseitige Messung. Zudem sind die notwendigen Anlagen sehr kostenintensiv bei der Anschaffung. Ein nicht gelöstes Problem ist die Kalibrierung von CT-Anlagen um die Degradierung des Detektors zu ermitteln.

Aufbau einer CT-Prüfung.

Von Thorsten Brandmüller über CC BY-SA 3.0 File:Sub-µ-CT.png Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Industrielle_Computertomographie#/media/File:Sub-%C2%B5-CT.png

Thermographie

Der ausführliche Artikel Infrarot-Thermographie an Kohlefaserverbundwerkstoffen beschreibt die verschiedenen Thermographievarianten. Vorteile sind die effiziente und kostengünstige Durchführung der Messungen. Spezialisierte Programme können dabei automatisiert die Ergebnisse bewerten. Zudem ist eine einseitige Messung gut realisierbar. Es ist jedoch auf den thermischen Einfluss der Umgebung sowie Luftzirkulation und Reflexionen zu achten. Bei der Prüfung von Sandwichstrukturen lassen sich Delaminationen, Weak Bonds und Wabenfehler gut erkennen. Schwierigkeiten ergeben sich bei Fremdkörpern und Einschnitten senkrecht zur Bauteiloberfläche. Bei der einseitigen Messung sind rückseitige Fehler nur mit einer geringen Zuverlässigkeit zu detektieren. Die Anregung mit Ultraschall ist nicht sinnvoll. [4]

Aufbau einer Lock-In-Thermographieprüfung.

Ultraschall

Zahlreiche Artikel beschreiben die Funktionsweise eingehend. [5] [6] [7] Das Impuls-Echo Verfahren als etabliertes und ausgereiftes Verfahren weißt gute Detektierbarkeit in der Deckhaut und der vorderseitigen Kernanbindung auf. Wird als Kern eine Papierwabe verwendet, lassen sich in dieser kaum Fehler erkennen. Rückseitige Defekte bleiben bei dieser Prüfung meist unentdeckt. [4] Bei der Durchschallung mittels Luftultraschall ergeben sich keine Unterschiede zwischen Vorder- und Rückseite. Beide Seiten können gut geprüft werden. Auch defekte im Kern sind, solange sie nicht senkrecht zur Oberfläche sind, gut detektierbar. Diese Vorteile werden jedoch durch die Widrigkeiten der beidseitigen Messung erkauft. Die Anbindung mit Luft wird durch sehr tiefe Anregungsfrequenzen möglich. [4]

Typischer Aufbau einer Ultraschallmessung.

Schmalbandige Resonanzanalyse

Schmalbandige Resonanzanalyse ("Narrowband Ultrasonic Spectroscopy (NBUS)") misst mechanische Impedanzen der Probe. Als beispielhaftes Prüfgerät sei hier der Bondmaster von Olympus genannt. Eine Anbindung mittels Koppelmittel kann auch hier sinnvoll sein. Die Ergebnisse einer Untersuchung sind dafür sehr umfangreich. Lediglich Folieneinschlüsse auf der rückseitigen Deckschicht sowie senkrechte Risse in Papierwaben sind schwer zu detektieren. [4] [7]

Lambwellenanalyse

Lambwellen sind eine Kombination aus Druck- und Scherwellen. Attraktiv für die ZfP sind Sie durch ihre gute Ausbreitungsfähigkeit und dem damit verbundenen großflächigen Prüfbereich. Soll in einem breiten Frequenzbereich untersucht werden, so ist auch hier die Anbindung mit einem Koppelmittel notwendig. [8] Bei schmalen Proben oder in Wandnähe führt jedoch die gute Ausbreitung der Wellen zu störenden Reflexionen. Bei der Prüfung wird in der Regel einseitig mit einem Piezoschwinger gearbeitet. Fehler lassen sich auf beiden Seiten des Sandwiches gut detektieren. Lediglich „weak bonds“, Folieneinschlüsse und senkrechte Schnitte in einem Wabenkern werden nicht detektiert. [4] [8]

Shearographie

Bei der Shearographie werden Verformungen auf Grund einer thermischen oder mechanischen Anregung gemessen. Hinderlich für die Messung ist vor allem die notwendige hohe Oberflächengüte. Die Detektierbarkeit bei dieser Prüfmethode ist sehr beschränkt. Es lassen sich lediglich Fehler in der vorderen Deck- sowie Verbindungsschicht aufzeigen. [4]

Verlinkte Artikel

Infrarot-Thermographie_an_Kohlefaserverbundwerkstoffen
Ultraschall-Durchschallung
Shearographie

Literatur

  1. Lehrstuhl für Leichtbau: Skriptum zur Vorlesung "Leichtbau" vom SS 2014. 2012.
  2. Lehrstuhl für Leichtbau: Skriptum zur Vorlesung "Luft- und Raumfahrtstrukturen" vom SS 2015. 2012.
  3. LTH: Handbuch Struktur Berechnung 55111-01.
  4. Michael Mosch: Untersuchung und Potentialanalyse verschiedener ZfP-Prüfmethoden für Eignung zur einseitigen Prüfung von CFK-Wabenstrukturen. 2012.
  5. 3D-Padelt.: [1]. http://www.3dpadelt.de, 2015.
  6. Wikipedia.: [2]. Industrielle-Computertomographie, 25.8.2015.
  7. ndt.net.: [3]. Narrowband Ultrasonic Spectroscopy, 2006.
  8. ndt.net.: [4]. Lamb-Wellen zur Schadensanzeige, 2005.