Systematik:
Ordnung der Eudicotyledonen, Familie der Malvaceae (Strasburger 2008).
Kurz und bündig:
Tilia platyphyllos ist ein in Europa beheimateter Baum. Ihre Blüten finden in vielen Hausmitteln Verwendung und ihr Holz wird für viele Schnitzarbeiten von Kirchenfiguren verwendet.
Gestalt und Gesamtbild:
Sie ist eine sommergrüne Laubbaumart die bis zu1000 Jahre alt und in der Regel bis zu 40m hoch werden kann (Kremer 2010, Roloff/Bärtels 2014).
Die Krone ist anfangs breit eiförmig, später dann rundlich (Roloff/Bärtels 2014).
Der Stamm ist meistens lange und gerade (Kremer 2010). Alte Stämme oft knorrig mit dicken Wucherungen (Spohn 2014).
Blätter:
Die Blätter sind unsymmetrisch herzförmig, langgestielt und bis zu 15cm lang und 8cm breit (Kremer 2010, Roloff/Bärtels 2014). Der Blattrand ist gesägt (Roloff/Bärtels 2014). Die Blätter von Tilia platyphyllos sind im Gegensatz zu Tilia cordata größer und die Ränder sind umgebogen (Bartels 1993).
Die Blätter haben auf der Ober- und der Unterseite das gleiche grün.
Auf der Blattunterseite stehen die Blattnerven hervor und in den Achseln der Blattnerven befinden sich weiße Achselbärtchen (Bartels 1993).
Die Herbstfärbung ist gelb (Roloff/Bärtels 2014).
Die Streu ist leicht zersetzbar (Schütt 2002).
Knospen:
Die Knospen sind etwas zusammengedrückt und länglich-eiförmig, spitz, abstehend (Godet 2008). Sie sind dreischuppig und die Knospenschuppen sind ungleich groß. Die Knospen erscheinen im Querschnitt aufgrund des hohen Chlorophyllgehaltes auf der Schattenseite dunkelgrün (Bartels 1993, Godet 2008). Auf der Lichtseite sind sie glänzend rot (Godet 2008).
Blüten und Blütenzeitraum:
Die Blüten erscheinen erst nach dem Laubaustrieb. Mit zwei bis fünf hängenden hellgelben Rispen. Der Stiel des Blütenstands ist mit dem Tragblatt verwachsen (Bartels 1993, Kremer 2010, Roloff/Bärtels 2014).
Früchte und Samen:
Dickwandige, stark verholzte Nussfrucht die mit den Fingern nicht zerdrückbar ist (Bartels 1993, Roloff/Bärtels 2014). Sie ist graufilzig behaart und kugelig bis birnenförmig. Deutlich fünfkantig und etwa 1 bis 2cm lang (Roloff/Bärtels 2014). Das Tragblatt dient der Windverbreitung (Kremer 2010).
Die Keimung ist epigäisch.
Rinde:
Bei jungen Bäumen grau, glatt (Godet 2011).
Im Alter längrissige mit erhabenen Leisten versehene Borke (Godet 2011). Gröber als bei Tilia cordata (Bartels 1993, Schütt 2002). Teils netzartig verzweigt. Dunkelbraun bis schwärzlich (Godet 2011).
Wurzelsystem:
Bei jungen Bäumen Pfahlwurzel, später Herzwurzelsystem (Schütt 2002).
Holz:
Reifholzbaum, das heißt Splint- und Kernholz sind farblich nicht unterscheidbar. Das Holz ist gelblich weiß, gleichmäßig strukturiert und ziemlich weich und biegsam (Kremer 2010, Spohn 2014).
Verbreitung, Standort und Ökologie:
Kommt in ganz Europa vor und fehlt von Natur aus nur auf den Britischen Inseln und in Skandinavien. Dort wurde sie allerdings auch eingebürgert (Kremer 2010). Halbschattenbaumart die in der Jugend noch mehr Schatten verträgt als im Alter (Bartels 1993).
Die Tilia platyphyllos präferiert mittel- bis tiefgründige, sickerfrische, nährstoff- und basenreiche, lockere Lehmböden, vor allem auf Kalk (Kremer 2010, Schütt 2002).
Bevorzugt luftfeuchte Lagen und damit Schluchten und Auewälder sowie sonnige Blockschuttböden (Bartels 1993, Schütt 2002).
Die Sommerlinde ist stärker spätfrostgefährdet als die Winterlinde (Schütt 2002).
Nutzung:
Da das Holz sehr weich und biegsam lässt es sich gut bearbeiten und wird für Schnitzarbeiten, vor allem für Kirchenskulpturen, den Musikinstrumentenbau und ähnliches verwendet (Kremer 2010).
Häufig als dekorativer Parkbaum angepflanzt (Kremer 2010).
Das feste, zähe Linden-Bast wurde als Flecht- und Bindematerial verwendet. Die Gletschermumie Ötzi trug Schuhe mit einem Innengeflecht aus diesem Bast und einen Umhang in den ebenso Lindenbastfasern eingewebt waren (Kremer 2010, Spohn 2014).
Besonderheiten:
Pharmakologische Verwendung:
Die Lindenblüten enthalten ätherische Öle, Flavonoide, Gerb- und Schleimstoffe und sind deshalb ein beliebtes medizinisches Hausmittel bei fieberhaften Erkältungen und zur Abwehrstärkung. Außerdem werden sie in der Homöopathie zur Behandlung von Allergien und rheumatischen Beschwerden verwendet (Kremer 2010).
Kulinarische Verwendung:
Lindenblütentee und Lindenblütenhonig. Der Lindenblütenhonig enthält den Nektar aus den Lindenblüten und den von Blattläusen ausgeschiedenen Honigtau (Kremer 2010).
Die meisten alten, einzelnstehenden Linden im Dorf sind Sommerlinden (Bartels 1993).
Unter ihnen wurde getanzt und gefeiertoder aber auch Urteile gefällt (sogenannte Gerichtslinden). Heute noch wird versucht, diese geschichtsträchtigen alten Bäume zu schützen (Spohn 2008).
Sie ist empfindlich gegen Luftverunreinigungen und Streusalz(Schütt 2002).
Viele Orts- und Städtenamen sind auf die Linde zurückzuführen. So zum Beispiel Lindau und Leipzig (Spohn 2014).
Die Linde spielt im germanisch Volksglauben eine große Rolle und war der Göttin der Ehe und des häuslichen Herdes geweiht (Spohn 2014). Deshalb wird sie heute noch im Zeichen der Ehe bei Hochzeiten gepflanzt.
Naturbeobachter legen die Jahreszeiten nicht nach dem Kalender sondern nach bestimmten Erscheinungen bei Tieren und Pflanzen fest und für sie gilt der Blühbeginn der Sommerlinde als Beginn des Hochsommers (Spohn 2014).
Quellen:
(Bartels 1993) Bartels, Horst: Gehölzkunde. Einführung in die Dendrologie. Stuttgart: Ulmer, 1993.
(Godet 2008) Godet, Jean-Denis: Knospen und Zweige. Einheimische Bäume und Sträucher. Stuttgart: Ulmer, 2008.
(Godet 2011) Godet, Jean-Denis: Baumrinden. Vergleichen und bestimmen. Stuttgart: Ulmer, 2011.
(Kremer 2010) Kremer, Bruno P.: Bäume und Sträucher entdecken und erkennen. Stuttgart: Ulmer, 2010.
(Roloff/Bärtels 2014) Roloff, Andreas: Flora der Gehölze. Bestimmung, Eigenschaften, Verwendung. Stuttgart: Ulmer, 2014.
(Schütt 2002) Schütt, Peter: Lexikon der Baum- und Straucharten. Das Standardwerk der Forstbotanik. Morphologie, Pathologie, Ökologie und Systematik wichtiger Baum- und Straucharten. Hamburg: Nikol 2002.
(Spohn 2014) Spohn, Margot: Welcher Baum ist das. Stuttgart: Kosmos, 2014.
(Strasburger 2008) Bresinsky, Andreas: Strasburger. Lehrbuch der Botanik. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, 2008.


