Daniel Weger, Sommersemester 2013


English translation


Die Schallemissionsanalyse (SEA) verwendet Methoden der Seismologie und Nachrichtentechnik, um Ereignisse zu erfassen und zu lokalisieren. Mit geeigneten Sensoren werden die entstehenden Geräusche von Spanndrahtbrüchen aufgezeichnet und ausgewertet [1][2].

Grundlagen der Schallemissionsanalyse

Bei der Belastung bzw. Schädigung eines Bauteils entstehen Geräusche, die durch geeignete Sensoren aufgezeichnet und ausgewertet werden können. Da das Anbringen der Sensoren und die Analyse der Signale in der Regel ohne Beschädigung des Bauteils von Statten geht, wird das Verfahren der Schallemissionsanalyse traditionell zu den zerstörungsfreien Prüfmethoden gezählt. Im Gegensatz zu den meisten anderen zerstörungsfreien Prüfverfahren stellt die Schallemissionsanalyse ein „passives“ Verfahren dar, da der Schädigungsherd selbst ein Signal produziert, welches von den Sensoren aufgezeichnet wird und die Lokalisierung der Fehlstelle ermöglicht. Die Lokalisierung der Signalquelle ist aber keinesfalls trivial und bedient sich Methoden der Seismologie [1].

Bei der Schallemissionsanalyse werden Sensornetzte und Sensor-Arrays zur Aufzeichnung verwendet. Die Anwendung der Arrays ist einfacher und erleichtert die Lokalisierung der Schallquellen [2].

Eine Vielzahl von Auswertemethoden der SEA orientiert sich an Verfahren der Geophysik. Erst nach erfolgreicher Lokalisierung der Schallquelle ist eine sichere Interpretation der Schallsignale in der SEA möglich. Entscheidend ist die richtige Bestimmung der Ersteinsatzzeit des Signals [1].

Die Schallemissionsanalyse basiert auf irreversiblen und damit unelastischen Verformungen in einem unter Last stehenden Bauteil. Der Einsatzbereich der SEA liegt daher meist im Bereich der Detektion der Rissentstehung, der Analyse des Rissfortschritts oder der Rissuferreibung. Da diese Vorgänge oft mit einem vorangegangenen internen Spannungsaufbau durch mechanische oder thermische Ursachen verbunden sind, ist die Schallemissionsanalyse sehr gut dafür geeignet, Bauteile oder andere Strukturen im Routinebetrieb unter Last zu überwachen [1].

verschieden Typen von SEA-SensorenSEA-Messsystem im Laboreinsatz

Parameter- und signal-basierte Schallemissionsanalyse

Die Schallemissionsanalyse kann im Rahmen der Materialprüfung zur Detektion und Beurtei-lung von Materialfehlern oder zur Analyse des Schädigungsverlaufs dienen. Es ist möglich, den räumlichen als auch den zeitlichen Schädigungsverlauf zu beobachten. Unter günstigen Voraussetzungen können sogar aus den Wellenzügen der Schallemissionen Aussagen über die bruchmechanischen Ursachen der Schallereignisse gezogen werden.

Die herkömmliche, bekannte Form ist die so genannte parameter-basierte SEA, deren Aussagekraft aber sehr eingeschränkt ist. Aus den Schallemissionssignalen werden mehr oder minder aussagekräftige Parameter extrahiert. Die eigentlichen Signale gehen dabei verloren und können für eine spätere Analyse nicht mehr eingesetzt werden.

Beispiel für die parameter-basierte Auswertung von Schallemissionssignalen [3]

Bei der signal-basierten SEA werden die vollständigen Signalformen aufgezeichnet. Der Nachteil dieser Methode ist, dass oft messtechnisch bedingt vergleichsweise weniger Signale aufgezeichnet werden und die Auswertung deutlich mehr Aufwand erfordert [1].

Detektion von Kabelbrüchen von Hängebrücken

Die automatische Detektion von Kabelbrüchen bei Hängebrücken durch SEA stellt einen interessanten Aufgabenbereich für die SEA dar. Kabel von Hängebrücken stehen wie Spanndrähte in vorgespannten Bauteilen immer unter Zugspannung und bestehen aus meist gebündelten Spanndrähten bzw. Litzen aus hochzugfestem Stahl, die im Fall der Hängebrücke zu Seilen zusammengefasst sind. Die herkömmlich verwendeten elektronischen oder visuellen Testverfahren sind auf eine Anwendung auf die oberflächennahen Schichten des Kabels beschränkt. Diese Prüfverfahren können nur an frei zugänglichen oder an punktuell zerstörend geöffneten Stellen Ergebnisse liefern. Es wird nur der Zustand zum Prüfzeitpunkt gezeigt und lässt keine Beobachtung über einen langen Zeitraum zu. Zusätzlich sind diese Verfahren sehr langwierig und teuer.

Die Installation eines akustischen Überwachungssystems wie die SEA bringt viele Vorteile. Es werden Sensoren an den Kabeln der Hängebrücke angebracht und permanent die entstehenden Geräusche aufgezeichnet. Die Schwierigkeit dabei ist, die Schadensereignisse aus der Vielzahl von eingehenden Signalen herauszufiltern. Zum einen gibt es ein immerwährendes so genanntes Rauschen. Dieses besteht vor allem aus den Eigengeräuschen der Brücke durch Windbewegung oder andere äußere Umwelteinflüsse. Dazu kommen Schallsignale durch Verkehr oder Arbeiten an der Brücke. Nach einer Kalibrierung der Schallgeschwindigkeit im Material und weiteren Voruntersuchungen kann, vorausgesetzt es befindet sich mindestens ein Sensor auf jeder Seite der Schallquelle (Bruchstelle), eine relativ sichere Lokalisierung des Drahtbruches längs des Kabels erreicht werden.

Zu beachten ist, dass viele Einflüsse die Wellengeschwindigkeit innerhalb des Materials verändern, so kann nicht nur die Stahlgüte, sondern auch das Alter, die Vorbelastung, die Umwelteinflüsse und sogar ein anderer Hersteller die Wellengeschwindigkeit verändern. In Zukunft sollen automatisierte SEA-Verfahren die Überwachung von Kabeln an Hängebrücken übernehmen können [4].

SEA zur Detektion von Spanndrahtbrüchen an vorgespannten Stahlbetonbrücken

Schallemission bei Beton und Stahlbeton

Schallemissionen werden bei der Rissbildung freigesetzt, in Mikro- und Makrorissen wird die elastisch gespeicherte Energie emittiert. Das Problem bei Beton im Gegensatz zu metallischen Werkstoffen ist die relativ große Dämpfung und Streuung. Nur Wellenlängen, die größer sind als die Inhomogenitäten (Kiesnester etc.) oder sehr energiereiche Schallemissionen können sich aus dem Grundrauschen abheben und reichen weiter als ein paar Dezimeter. Auch Risse können nur mit einem erheblichen Energie- und damit Informationsverlust von den Schallwellen überwunden werden.

Bei Stahlbeton können zusätzlich Schallemissionen in der Verbundzone beim Auflösen des Verbundes zwischen Bewehrung und Beton emittiert werden. Ebenfalls können Schallemissi-onen durch den Bruch der Bewehrung bei Überbelastung oder durch Ermüdung entstehen.

Bei Spannbeton erzeugen zusätzlich Spannstahlbrüche Schallemissionen. Es können sowohl Spanndrahtbrüche in nicht injizierten als auch in injizierten Spanngliedern erfasst werden. Auch hier macht die heterogene Zusammensetzung aus Zuschlagskörnern, Zementmatrix, Bewehrungsstahl, Spanngliedern und Hüllrohren aus Blech oder Kunststoff die Wellenausbreitung sehr komplex.

Die Anwendungsgebiete der Schallemissionsanalyse bei Stahlbetontragwerken reichen von Verfolgung der Erstrissbildung im Beton über die Rissreibung bis zum Reißen des Beton- bzw. Spannstahls. Es wurde in vielen Untersuchungen gezeigt, dass die SEA prinzipiell zur Erfassung der Schädigungsprozesse geeignet ist [2].

Vergleich Labor und Praxisanwendung an einer Brücke

Bei der Untersuchung von Laborprüfkörpern sind der innere Aufbau der Prüfkörper sowie die genauen Abmessungen bekannt. Eine Brücke ist wesentlich komplexer, zudem ist die tatsächliche Lage der Bewehrung und der Spannglieder nicht sicher. Es kann vorkommen, dass keine Pläne über das zu untersuchende Objekt vorliegen oder die Spannglieder und andere Einbauteile anders eingebaut wurden als im Plan verzeichnet. Im Labor wird die Quelle der Schallemission anhand der Ankunftszeit der P-Welle (Kompressionswelle) bestimmt, die sich auf dem direkten Laufweg zwischen Quelle und Sensor ausbreitet. Bei Brücken kann sich die Welle nur beschränkt direkt zwischen Quelle und Sensor bewegen. Die Wellen werden in ihrer Wellengeschwindigkeit und in ihren Laufwegen durch Hohlkörper, Kiesnester, Bewehrung und Spannglieder gestört.

Durch die längeren Laufwege der Signale an einer Brücke werden die hohen Frequenzen durch den Beton stark gedämpft. Somit müssen die Empfindlichkeit und die Frequenzcharakteristik abweichend vom Labor auf die zu erwartenden Signale abgestimmt sein. Für die Auswahl der Sensortypen, deren Anzahl und Anordnung ist es entscheidend, ob die ganze Brücke oder nur Teile überwacht werden sollen. Bei einem realen Bauwerk sind zudem nicht alle Flächen frei zugänglich.

Bei Laborversuchen generieren äußere Belastungen die Schallemissionen. Bei vorgespannten Stahlbetonbücken werden die Schallemissionen durch langsam ablaufende Korrosionsprozesse und dem durch mechanische Überbelastung des Restquerschnitts erfolgenden Bruch erzeugt. Im Labor ist das Niveau der Störgeräusche und die Anzahl der Störquellen klein und somit die Qualität der erfassten Daten sehr hoch. Dagegen treten bei einer Brücke höhere Störgeräusche auf. Die Stärke der Störgeräusche hängt stark vom Gewicht und der Geschwindigkeit der Fahrzeuge ab. Bei Laborversuchen wird versucht eine möglichst hohe Präzision durch aufwendige Verfahren zu erreichen. Bei einer Feldanwendung sollen vordergründig mögliche schwerwiegende Schädigungen aufgedeckt werden, wozu eine hinreichende Genauigkeit ausreichend ist [2].

Laborversuch: Schallemissionsanalyse an einem Betonbalken mit Bewehrungsstal in einer 3-Punkt-Biegemaschine

Aus Examination of Reinforced Concrete Beams with Self-Healing Properties by Acoustic Emission Analysis von F. Malm und C. Große, Technische Universität München (cbm) EWGAE Dreseden 2014

Einigung der Schallemissionsanalyse zur Überwachung von Spanndrahtbrüchen bei Stahlbetonbrücken

Trotz vielfältiger Umweltgeräusche ist es möglich, spontane und künstlich erzeugte Spanndrahtbrüche zu erfassen, zu klassifizieren und zu lokalisieren. Anhäufungen von Drahtbrüchen und der sich daraus ergebende Schädigungsprozess der Brücke können festgehalten werden. Es können Drahtbrüche sowohl in schlecht als auch in voll injizierten Spanngliedern detektiert werden. Probleme bei der Detektion treten unter anderem durch Kiesnester oder Hohlkörper auf, die die Laufwege der Schallemissionen behindern. Die Ergebnisse können gut durch Potentialfeldmessungen verifiziert werden [2].

Einflussfaktoren auf die Lokalisierung [2]

• Bauwerks-/Brückengeometrie

• Sensorposition

• Sensoranordnung

• Störgeräusche

• Zustand der Brücke

(Injektionsmängel, Kiesnester, Risse, Hohlkörper, Fremdkörper…)

Weitere Anwendungsmöglichkeiten [2]

• sensible und exponierte Bauwerke

(Hängebrücken, seilverspannte Brücken)

• einzelne gefährdete Seil- oder Spanngliedverankerungen und Felsanker

Abkürzungen

etc.et cetera
SESchallemission
SEASchallemissionsanalyse
usw.und so weiter

Literatur

  1. Grosse, C. (Hrsg.): Grundlagen der zerstörungsfreien Prüfung. Lehrstuhl für zerstö-rungsfreie Prüfung, TUM - Technische Universität München, München (2012), p. 138
  2. Fricker, S. (Hrsg.): Schallemissionsanalyse zur Erfassung von Spanndrahtbrüchen bei Stahlbetonbrücken (Dissertation). ETH Zürich, Zürich (2009), p.168
  3. Grosse, C. (Hrsg.): Quantitative zerstörungsfreie Prüfung von Baustoffen mittels Schallemissionsanalyse und Ultraschall. Dissertation (Ph.D. thesis), University of Stuttgart (1996), 168 p.
  4. Krüger, M., Lehmann F., Grosse C. (Hrsg.): Acoustic emission monitoring of wire breaks at the humber suspension bridge. Proc. 13th Int. Conf. on Structural Faults & Repair (Ed. M. Forde), Edinburgh, ISBN 0-947644-67-9 (2010), 12p.