Poka Yoke (jap. ポカヨケ, dt. "dumme Fehler vermeiden") ist eine Idee aus der japanischen Managementpraxis. Poka bezeichnet dabei einen falschen Zug in den bekannten japanischen Brettspielen Go oder Shogi, der im weiteren Sinne mit "dumme Fehler, Schnitzer" übersetzt werden kann. Yoke stammt von dem Verb "yokeru", deutsch "vermeiden". Diese Idee der Fehlervermeidung ist ein wesentlicher Bestandteil des Toyota Produktionssystems.

Herkunft

Als Erfinder des Prinzips gilt der japanische Qualitätsexperte Shigeo Shingo Anfang der 1960er Jahre, der es zunächst Baka Yoke (dt. "Narrensicherheit") nannte. Da dieser Begriff bei den Werkern negativ belegt war, nannte er ihn Poka Yoke. Der Ausgangspunkt für die Entwicklung des Poka-Yoke-Systems lag für ihn bei der statistischen Qualitätskontrolle (SQC). Jedoch stellte er fest, dass Fehler in der Arbeitsphase erzeugt werden und Prüfungen nichts anderes bewirken, als die Fehler zu finden. Der Ausgangspunkt von Poka Yoke war deshalb die Erkenntnis, dass kein Mensch und auch kein System in der Lage ist, unbeabsichtigte Fehler vollständig zu vermeiden. Die entstandenen Fehler beeinflussen die Effizienz von Prozessen oft sehr negativ. Somit ist die Selektion von Fehlern günstiger als die vielfältigen Auswirkungen von Fehlern zu beheben. Deshalb zielt Poka Yoke auf den Ansatz, Fehler so früh wie möglich zu erkennen und auszuschalten. Bestenfalls werden die Fehler an ihrer Quelle erkannt, ein Feedback erteilt und Gegenmaßnahmen ergriffen bevor der Fehler als Defekt auftritt.

Anwendung

Die Erste Idee von Shingo war, dass der Werker des nächsten Prozessschrittes die Arbeit des vorhergehenden überprüft. Der nächste Entwicklungsschritt von Poka Yoke war ein Self-Check System, d.h. dass der Werker in seinem eigenen Prozessschritt die Qualität überwacht. Dies führt dazu, dass Fehlhandlungen direkt auf den ausführenden Werker zurückgehen und so direkt am Entstehungsort erkannt werden. Die Fehlerrate ist somit noch niedriger als bei nachfolgenden Prüfprozessen. Dies liegt daran, dass Menschen weniger psychischen Widerstand leisten, wenn sie unnormale Handlungen selbst entdecken. Die Entdeckung eines Fehlers mit den eigenen Augen ermöglicht es, die wahren Ursachen zu erkennen.

Das Ziel von Poka Yoke ist anormale Zustände zu erkennen, zu vermeiden und sofort durch unmittelbares Eingreifen abzustellen. Kein fehlerhaftes Produkt soll den Prozess verlassen, so dass Fehlhandlungen im Fertigungsprozess nicht zu Fehlern im Endprodukt führen. Das Ziel ist die Null-Fehler-Strategie. Bei Poka Yoke wird die Prüfung als Nebeneffekt des eigentlichen Prozesses angestrebt, d.h. sie soll ohne Einfluss auf die Taktzeit und ohne oder nur mit sehr geringen zusätzlichem Aufwand für den operativen Mitarbeiter verlaufen. Die Prüfung ist kein eigener Prozessschritt, sondern Inhalt der wertschöpfenden Prozessschritte. Da Poka Yoke Bestandteil jeder Ausführung dieses Prozessschrittes ist, werden 100% überprüft.

Es lassen sich dabei zwei grundsätzliche Poka Yoke Methoden unterscheiden [2]:

  • Kontrollmethoden: Die Fehler werden durch mechanische Vorrichtungen, Sensoren etc. direkt verhindert.
  • Warnungen bei Auftreten von Fehlern. Warnungen sind dabei weniger machtvoll als Kontrollmethoden.

Beispiele für Poka Yoke Systeme

  1. Bei einem Bearbeitungsfehler passt das Werkstück durch geometrische Passungen oder Sensoren nicht in das Werkzeug (Kontaktmethoden).
  2. Bei einer Unregelmäßigkeit am Werkstück oder einem Bearbeitungsfehler startet die Fertigungsanlage nicht.
  3. Wird ein Schritt vergessen, beginnt der nächste Arbeitsgang nicht.
  4. Durch Abzählen von Prozessschritten wird verhindert, dass einer vergessen wird (Fixed-Value Methoden).
  5. Die Vorrichtungen müssen die Selbstprüfung unterstützen. Verwechslungen von Bauteilen sind mit Visualisierungen oder Checklisten weniger wahrscheinlich. ([1],[2],[3])
  6. Bei dem von der Firma Safelog entwickelten Poka Yoke Regal (EU Patent 0994761) überwacht ein Lichtvorhang den Greifvorgang in der Kommissionierung. Dabei wird nicht nur der Griff in das richtige Lagerfach überwacht, sondern die Entnahme auch automatisch quittiert.

Vorgehen

Die Verbesserung von Prozessen mit Hilfe von Poka Yoke soll folgendermaßen ablaufen [3]. Nach dem Kaizen-Denken sollen die Prozesse vor Ort mit Einbezug der betroffenen Mitarbeiter erfolgen. Dies soll pragmatisch mit geringen organisatorischen Mitteln ablaufen und die Dokumentation hält nur die wesentlichen Resultate fest:

  • Beginn mit 5A (Ordnungs- und Sauberkeitsaktion) (5A im japanischen 5S)
  • Zahlen-Daten-Fakten schaffen: Fehler, Häufigkeit, Auswirkungen, Wert des Schadens
  • Auswerten und Bewerten mit einer Pareto-Analyse
  • Ursachenanalyse mit 5W-Methode (z.B. Ishikawa-Diagramme) [1]
  • Projektablauf mit 6W-Methode [1]

Vorteile

  • Fortlaufende 100%-Prüfung
  • Integration in den wertschöpfenden Prozess
  • einfachste Hilfsmittel
  • kostengünstig, (nur wenige 100 Euro pro Maßnahme [2])
  • sofort und ohne großen Aufwand einführbar
  • anwendbar auf alle Bereiche
  • Fehler werden nicht zu Defekten [2]
  • sehr kurze Entscheidungszyklen [2]

Nachteile

  • am Anfang ist der Poka Yoke Gedanke teurer
  • Die Prüfmethode selbst darf nicht fehlerhaft sein (z.B. falsch eingestellte Sensoren).
  • kein Blick auf s Ganze

Quellen

[1] Ohno, T.: Das Toyota Produktionssystem: Campus 1993.

[2] Shingo, S.: Zero Quality Control, Source Inspection and the Poka-Yoke System: Productivity Press 1986.

[3] Dickmann, P.: Schlanker Materialfluss, Berlin, Heidelberg: Springer 2007.

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