Systematik:

Ordnung: Coniferales
Familie: Pinaceae


Kurz und bündig:

Die Weiß-Tanne kommt als Schattenbaumart eingemischt in Wäldern der collinen und montanen Stufe Mitteleuropas vor. Ursprünglich mit einem Flächenanteil von 8-10% vertreten, nimmt sie heute nur noch 1-2% ein.


Gestalt und Gesamtbild:

Die Weiß-Tanne weist eine monopodiale Verzweigung auf, wobei die Hauptäste in Scheinquirlen stehen und kleiner Äste spiralig angeordnet sind. Der geraden zylindrische Stamm kann einen Durchmesser von bis zu 2 m erreichen. Sie ist eine Schattenbaumart und kann unter optimalen Bedingungen bis zu 65m hoch und bis zu 500 Jahre alt werden. Ihre Wurzeln reichen sehr tief in den Boden und sie sorgt für einen mehrstufigen Bestandesaufbau. Weiterhin ist sie äußerst empfindlich gegen den Verbiss von Wildtieren. Die Kronenform- und entwicklung der Weiß-Tanne hängt stark von der Bestandesstruktur – vor allem von den Lichtbedingungen – ab. Junge Tannen bilden unter optimalen Bedingungen eine spitze Krone und sind raschwüchsig. Die jungen Triebe sind dicht braun behaart und mit kurzen Stacheln. Nach der Freistellung der Bäume entwickelt sich im Unterwuchs eine sehr lange, spitze Krone. Im Freistand kann die Krone bis zu 2/3 der Schaftlänge ausmachen. Im Alter wird sie flacher, da der Gipfeltrieb kürzer als der Seitentrieb bleibt. Sie weist einen sehr geraden, walzenförmigen Stamm auf, bei dem die Äste im mittleren und unteren Kronenbereich waagrecht abstehen. Im höheren Alter, wenn das Höhenwachstum nachlässt, biegen sich die obersten Äste storchennestartig nach oben. 


Blätter:

Die Größe und Form der Tannennadeln kann je nach Baumalter und Stellung der Krone variieren, wobei die Lichtnadeln kürzer, steifer, spitzer und schmaler sind als die Schattennadeln. Die Nadeln sind ledrig, an der Spitze stumpf und eingekerbt. Im Querschnitt sind sie flach und deswegen auch leicht biegbar. Oberseits weisen sie eine dunkelgrüne Farbe auf, unterseits besitzen die Nadeln zwei weiße Wachsstreifen. Mit Hilfe von runden Ansatzstellen (,,Saugnäpfen‘‘) sitzen die Nadeln spiralig am Zweig, rücken aber im Schatten senkrecht zum Lichtfall in eine Ebene und erscheinen flach ausgebreitet. Der Nadelabwurf erfolgt meist nach 7-9 Jahren.


Knospen:

Die Knospen von Abies albaweisen eine stumpfe, eiförmige Form und eine hellbraune Farbe auf. Sie sind harzfrei. An den Triebspitzen findet sich normalerweise eine Terminalknospe, sowie unmittelbar darunter 2-5 quirlförmig angeordnete Lateralknospen. Auf der Trieboberseite entstehen anstelle von vegetativen Knospen, Knospen mit Blütenzapfen, wohingegen sich die männlichen in den Nadelachseln auf der Triebunterseite befinden. Eine Besonderheit bei der GattungAbies– in Bezug auf die Knospen - stellt die Verbindung von Gipfelknospe und Scheinquirlknospe zu einem Knospenkomplex dar, wobei sich dazwischen keine Nadeln befinden. 


Blüten und Blühzeitraum:

Die Blüten sind einhäusig, werden durch den Wind bestäubt und blühen im April kurz vor dem Austrieb.  Das Blühalter liegt bei der Weiß-Tanne bei einem Alter von 30-60 Jahren. Hierbei befinden sich die männlichen eiförmigen Zäpfchen mit ihren zahlreichen schraubig angeordneten Staubblättern in den Nadelachseln der Mitte letztjähriger Triebe. Die weiblichen Blütenstände hingegen befinden sich als aufrechte Zäpfchen im oberen Kronenbereich. Diese haben schraubig angeordnete, grüne, lang zugespitzte Deckschuppen, die an ihrem Grund kleine, runde Samenschuppen mit je 2 Samenanlagen verbergen.Männliche Blütenzapfen kommen bei Abies albahäufiger vor als weibliche, wobei männliche und weibliche Blüten nur selten zusammen auf einem Trieb vorkommen. 


Früchte und Samen:

Bis zu 16 cm groß und walzenförmig gestalten sich die Zapfen der Weiß-Tanne. Sie stehen aufrecht und die Deckschuppen weisen eine fein ausgezogene Spitze auf. Sobald die Samen reif sind, lösen sich die einzelnen Schuppen und fallen auf den Erdboden; es bleibt nur die Spindel (Mittelachse) der Zapfen am Baum stehen. Aufgrund dieses Zerfalls der Zapfen kann man am Boden nie reife Tannen-Zapfen finden. Die Samenreife erfolgt im August/ September. Gekennzeichnet sind die Samen durch ihre gelbbraune Farbe, der schief trapezförmigen Gestalt und den rotbraun glänzenden Flügeln. Sie können durch den Wind bis zu 7 km weit verbreitet werden. 


Rinde:

Die Rinde junger Bäume ist hellgrau, bleibt lange glatt und besitzt kleine Harzblasen, wohingegen innere Rindenschichten einen eher rötlich braunen Farbton besitzen. 
Erst nach 50-60 Jahren bildet sich bei Abies albaeine Schuppenborke, die dünne und helle Schuppen aufweist. Alle vier Jahre werden durch die Schuppen neue Steinzellen gebildet. 


Wurzelsystem:

Das Wurzelwerk der Weiß-Tanne ist relativ schwach verzweigt. Anfangs bildet sich eine Pfahlwurzel, diese schafft es allerdings innerhalb von 10 Jahren nur ca. 40 cm in die Tiefe zu wachsen. Erst später entsteht ein für die Weißtanne typisches Herzwurzelsystem mit tiefgehenden Senkern und kräftigen Seitenwurzeln. Im Oberboden sowie an den Spitzen der Pfahl- und Seitenwurzeln befindet sich die Mehrheit der Feinwurzeln. Bis zu 1,6 m tief können die Wurzeln auf geeigneten aber auch staunassen Böden in die Erden eindringen. Weiterhin geht Abies albaeine Symbiose mit einigen Bodenpilzen ein und bildet dabei eine Ektomykorrhiza aus. 


Holz:

Beim Holz sind durch die helle Farbe Splint und Kern nicht zu unterscheiden (Reifholz), wohingegen sich durch die Unterschiede des dunklen, rötlichen Spätholzes und des fast weißen Frühholzes des nächsten Jahres, die Jahrringe gut erkennen lassen. Weiterhin weist das Holz Eigenschaften wie Geruchlosigkeit, Fehlen der primären Harzkanäle, hoher Spätholzanteil, geringe Dauerhaftigkeit und gräuliche Verfärbungen an der Luft auf. Seine Widerstandsfähigkeit gegen eindringende Pilze und Insekten ist gering, allerdings lässt es sich gut bearbeiten, imprägnieren, verleimen und spalten. Das Kambium ist vor allem in den Monaten von Mitte April bis Ende August aktiv, das Korkkambium bis Oktober.


Verbreitung, Standort und Ökologie:

Das Wuchsgebiet der Weiß-Tanne erstreckt sich von den Pyrenäen bis zu den Karpaten und dem Balken, wobei die natürliche Nordgrenze im Erzgebirge und der Niederlausitz, die südliche in Kalabrien liegt. Sie kommt von der collinen bis in die subalpine Stufe vor. Der Schwerpunkt der Verbreitung liegt in Mittel- und Südeuropa der montanen Stufe. Man findet sie nicht in Trockengebieten oder Tieflagen.Dadurch, dass Abies albakeine spezifischen Anforderungen an die Boden oder den pH- Wert stellt, kann sie sowohl auf Kalk als auch Silikatgestein gut wachsen, kann schwere Böden dabei gut aufschließen und gedeiht am besten auf frischen, nährstoffreichen, humosen Substraten.Nur dann, wenn das Jugendwachstum der Tanne durch den Schatten im Unterstand verzögert wurde, kann die Weißtanne ihre optimale Wuchsleistung erreichen. Da sie eine Klimaxbaumart ist, kann sie sowohl gut Reinbestände, als auch zusammen mit Buche und Fichte Mischbestände bilden. Die Weißtanne ist eine für SO-Immissionen empfindliche Art und ist deshalb in betroffenen Regionen zurückgegangen, großflächig hauptsächlich wegen der anthropogenen Bevorzugung der Gemeinen Fichte gegenüber der Weiß-Tanne.


Nutzung und Verwendung:

Durch geringes Schwinden und Quellen des Tannenholzes, eignet es sich hervorragend für den Erd- und Wasserbau bei dem es ständiger oder wechselnder Feuchtigkeit ausgesetzt ist. Weiterhin wird es auch für die Herstellung von Schindeln, für schlichte Innenausbauten sowie einfache Böden und Möbel, als Rohstoff für Faserplatten aber auch für die Zellstoff- und Papierindustrie verwendet.Außerdem findet es auch als Konstruktionsholz oder Resonanzholz für Musikinstrumente Anwendung. 


Besonderheiten:

Eine Besonderheit besteht in der Bildung von Proventiv- Trieben (,,Klebäste‘‘), die aus schlafenden Knospen an den Stämmen entstehen können. Außerdem ist sie äußerst empfindlich gegen SO2-Immissionen, was ihr den 80er Jahren  als ,,Tannensterben‘‘ in Mitteleuropa bekannt wurde.Eine weitere Besonderheit bei der Weißtanne ist, dass tief hängende Äste bei Bodenberührung Ableger bilden können.


Quellen:

Bachofer, Mark/ Mayer, Joachim: Der Kosmos Baumführer. Stuttgart: Franckh-Kosmos Verlags GmbH & Co. KG, 2015.

Roloff, Andreas/ Weisgerber, Horst/ Lang, Ulla/ Stimm, Bernd: Bäume Mitteleuropas. Weinheim: WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 2010.

Schütt, P./ Schuck, H.J./ Stimm, B.: Lexikon der Baum- und Straucharten. Das Standartwerk der Forstbotanik. Landsberg/ Lech: ecomed Verlagsgesellschaft mbH, 1992.

Bartels, Horst: Gehölzkunde. Einführung in die Dendrologie. Stuttgart: Ulmer, 1993.

https://de.wikipedia.org/wiki/Weiß-Tanne
































































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