Systematik:
Ordnung der Eudikotyledonen, Familie der Fagaceae (Strasburger 2008).
Kurz und bündig:
Castanea sativa ist die einzige in Europa beheimatete Castanea-Art (Schütt 2002). Sie wird vor allem in Süd- und Westeuropa wegen ihrer essbaren Früchte und ihrem dauerhaften Holz angebaut. Anfang des 20. Jahrhunderts hatten viele Bestände mit dem Kastanienrindenkrebs zu kämpfen aber sie konnten sich mittlerweile wieder davon erholen.
Gestalt und Gesamtbild:
Sie ist eine sommergrüne Laubbaumart die bis zu 500 Jahre alt und in der Regel bis zu 30m hoch werden kann (Bartels 1993, Kremer 2010, Rolff/Bärtels 2014). Sie kann einen Stammdurchmesser (Brusthöhendurchmesser, BHD) von bis zu 2m erreichen (Kremer 2010). Die Krone ist breit mit ausladenden, kurzen dicken Ästen (Kremer 2010, Roloff/Bärtels 2014). Der Stamm ist meistens recht kurz und oft drehwüchsig (Bartels 1993, Rolff/Bärtels 2014).
Blätter:
Der Laubaustrieb beginnt Anfang Mai (Bartels 1993).
Die Blätter von Castanea sativa sind sehr derb (Bartels 1993, Schütt 2002). Sie sind länglich-eiförmig und am Blattrand grannenartig gezähnt. Der Blattstiel ist kurz (Bartels 1993).
Die Blattspitze ist lang auslaufend (Roloff/Bärtels 2014).
Sie werden bis zu 25cm lang und 10cm breit (Fitschen 2007, Roloff/Bärtels 2014).
Die Blattoberseite ist glänzend dunkelgrün, während die Blattunterseite eher blassgrün ist (Roloff/Bärtels 2014).
Die Herbstfärbung ist dunkelbraun (Bartels 1993).
Knospen:
Die Knospen sind sehr stumpf und eiförmig (Bartels 1993).
Sie haben zwei ungleich große Vaginalschuppen (Bartels 1993, Godet 2008). Diese sind braun, kurz behaart und haben oft einen dunklen Rand (Godet 2008).
Blüten und Blühzeitraum:
Castanea sativa beginnt im Alter zwischen 20 und 30 Jahren zu blühen (Bartels 1993). Blühbeginn ist erst sehr spät nach dem Laubaustrieb zwischen Mai und Juli (Bartels 1993, Schütt 2002).
Die Blüten sind eingeschlechtlich, einhäusig(Bartels 1993). Die zahlreichen männlichen Blüten sind hellgelb und zu mehreren in ca. 15cm langen Kätzchen zusammengefasst (Kremer 2010, Spohn 2014). Die wenigen weiblichen Blütenstände befinden sich zu 2 bis 3 an der Basis der männlichen Kätzchen und sind von einer dichten Hülle umgeben. Aus dieser Hülle ragen nur die weißen Narben heraus (Kremer 2010, Spohn 2014).
Die Blüten riechen unangenehm (Bartels 1993, Spohn 2014).
Bestäubung findet durch viele Insektenarten, vor allem Käfer, statt aber genauso auch durch den Wind (Bartels 1993).
Früchte und Samen:
Die Früchte werden im Herbst des Blühjahres, meist ab September, reif (Bartels 1993, Kremer 2010).
Die Fruchtstände sind gelblich, hellgrün, kugelig und stachelig und beinhalten meistens drei große einsamige Nüsse, die sogenannten Esskastanien oder Maronen (Bartels 1993, Kremer 2010, Roloff/Bärtels 2014).
Sie platzen bei Reife auf und es öffnen sich 4 Klappen und die Samen fallen so zu Boden (Bartels 1993, Kremer 2010, Spohn 2014).
Die Verbreitung der Früchte findet durch Tiere statt (Bartels 1993).
Bei Castanea sativa ist die Keimung hypogäisch (Bartels 1993).
Rinde:
Bei jungen Bäumen glatt mit vielen weißen Lenticellen. Oliv-bis rotbraun (Bartels 1993).
Im Alter tief gefurchte, längsrissige Schuppenborke (Godet 2011). Vor allem parallel zum Stamm verlaufend, teilweise auch schrauben um den drehwachsigen Stamm (Bartels 1993).
Graubraun (Godet 2011).
Wurzelsystem:
Tiefreichendes Wurzelsystem mit Ectomycorrhiza (Bartels 1993).
Holz:
Kernholzbaum mit dunkelbraunem Kern (Bartels 1993, Schütt 2002). Ringporiges Holz mit sehr feinen Holzsrahlen (Bartels 1993).
Hält Feuchtigkeit gut aus und ist deshalb sehr dauerhaft (Schütt 2002).
Außerdem hartes, mittelschweres Holz (Bartels 1993).
Verbreitung, Standort und Ökologie:
Castanea sativa ist beheimatet im Mittelmeerraum, dem Kaukasus und dem nördlichen Kleinasien sowie Teilen Nordafrikas (Bartels 1993, Schütt 2002).
Seit den Römern ist sie in den wärmeren Gebieten Mittel- und Westeuropas eingebürgert (Schütt 2002). Ihre Früchte reifen auch noch in westlichen Teilen Norddeutschlands bis nach Südskandinavien (Bartels 1993).
Halbschattenbaumart (Bartels 1993).
Sie meidet reine Kalkböden und präferiert stattdessen mittel- bis tiefgründige, nährstoffreiche Stein- und Lehmböden (Bartels 1993, Schütt 2002).
Außerdem liebt sie hohe Sommertemperaturen und im Winter milde und luftfeuchte Lagen. Deshalb ist sie nördlich der Alpen frostgefährdet. Sie kommt nur vereinzelt in Lagen höher 1000m vor (Bartels 1993, Schütt 2002).
Am häufigsten zu finden ist sie in lichten Hainen und in Niederwäldern (Bartels 1993). Unter anderem in eichenreichen Laubwäldern des Flach- und Hügellandes (Schütt 2002).
Submediterran-subatlantische Art (Schütt 2002).
Nutzung;
Da das Holz Feuchtigkeit aushält ist es für den Fass- und Schiffsbau geeignet (Spohn 2014).
Schwächere Sortimente werden für Rebstöcke und Zaunpfähle verwendet (Bartels 1993).
Aus Holz und Rinde kann man Gerbstoffe extrahieren (Schütt 2002).
Außerdem findet man Verwendung in der Zellstoffgewinnung (Schütt 2002).
Besonderheiten:
Pathologie:
1938 wurde der Rindenkrebs Cryphonectria parasitica aus Nordamerika eingeschleppt der zu schweren Schäden führte (Bartels 1993).
Im 19. Jahrhundert zählten ihre Früchte vor allem in Südeuropa, noch vor dem Kartoffelanbau, zu den Grundnahrungsmitteln (Spohn 2014, Kremer 2010).
Im Winter, vor allem in der Weihnachtszeit, werden auf vielen Märkten geröstete Maronen angeboten und verkauft. Diese enthalten viele Kohlenhydrate, etwas Fett und schmecken aromatisch süß (Spohn 2014).
Man kann die Früchte außerdem in Wasser kochen, im Backofen dämpfen oder sie zu Mehl oder Mus verarbeiten (Bartels 1993).
Die Römer haben die Esskastanie gemeinsam mit anderen Kulturpflanzen und dem Weinbau nördlich über die Alpen gebracht (Kremer 2010).
Wegen ihres starken Stockausschlagvermögens werden sie in der Regel in Niederwäldern bewirtschaftet (Schütt 2002).
Der Name Castanea kommt vom römischen für Ess-Kastanie. Sativus ist lateinisch für angebaut (Bartels 1993).
Quellen:
(Bartels 1993) Bartels, Horst: Gehölzkunde. Einführung in die Dendrologie. Stuttgart: Ulmer, 1993.
(Fitschen 2007) Fitschen, Jost: Gehölzflora. Wiebelsheim: Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co., 2007.
(Godet 2008) Godet, Jean-Denis: Knospen und Zweige. Einheimische Bäume und Sträucher. Stuttgart: Ulmer, 2008.
(Godet 2011) Godet, Jean-Denis: Baumrinden. Vergleichen und bestimmen. Stuttgart: Ulmer, 2011.
(Kremer 2010) Kremer, Bruno P.: Bäume und Sträucher entdecken und erkennen. Stuttgart: Ulmer, 2010.
(Roloff/Bärtels 2014) Roloff, Andreas: Flora der Gehölze. Bestimmung, Eigenschaften, Verwendung. Stuttgart: Ulmer, 2014.
(Schütt 2002) Schütt, Peter: Lexikon der Baum- und Straucharten. Das Standardwerk der Forstbotanik. Morphologie, Pathologie, Ökologie und Systematik wichtiger Baum- und Straucharten. Hamburg: Nikol, 2002.
(Spohn 2014) Spohn, Margot: Welcher Baum ist das. Stuttgart: Kosmos, 2014.
(Strasburger 2008) Bresinsky, Andreas: Strasburger. Lehrbuch der Botanik. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, 2008.