Mascha Krapp, Sommersemester 2011


Neben der punktuellen, zeitlich begrenzten Prüfung ist die Dauerüberwachung von Bauwerken ein wichtiger Bestandteil der zerstörungsfreien Prüfung. In Zeiten steigender Belastungen für Bauwerke, besonders der, die Verkehrslasten zu tragen haben, und immer höher geforderter Dauerhaftigkeiten und Lebensdauern wird die Dauerüberwachung oder Monitoring immer wichtiger. Brücken werden immer länger und genauso wie das Straßennetz einer zunehmenden Belastung durch steigende Fahrzeuglasten jeden Tag mehr belastet. Gebäude werden immer höher, nehmen immer gewagtere Formen an. Auch das zunehmende Alter bereitet oft Schwierigkeiten und kann sogar zu einer Gefährdung für Nutzer werden. Die Anforderungen an die zur Überwachung eingesetzte Messtechnik ist vielfältig: Besonders die Kosten sind ein bedeutender Faktor und stellen sich oft der Leistungsfähigkeit eines Messsystems entgegen. Weitere Anforderungen sind ein praktikabler Einbau des Systems, auch in Bestandsbauten, sowie eine lange Lebensdauer da es sich hier um eine Dauerüberwachung über Jahre handeln kann. Um nun das Verhalten von Bauwerken dauerhaft zu überwachen, nutzt die zerstörungsfreie Prüfung unter anderem die Glasfasertechnik. Das Verhalten eines Bauwerks unter Last zeigt sich in Spannungen und Dehnungen, die zu Rissen führen können. Aus diesem Grund ist es wichtig die Längenänderung zu überwachen, welche mit einem Faser-Bragg-Gitter-Sensor möglich wird.

Aufbau

Ein Faser-Bragg-Gitter ist ein in einen Lichtwellenleiter eingebrannter optischer Interferenzfilter. Die dazu genutzten Glasfasern haben einen sehr kleinen Kern mit einem Durchmesser von 4 bis 9 \mu m. Um diesen Kern liegt ein Mantel aus reinem Glas (SiO_2) mit einem Durchmesser von ca. 125 \mu m. Der Kern ist mit Germanium dotiert, das heißt es werden gezielt Siliciumatome der Kristallstruktur durch Germaniumatome ersetzt. So entsteht ein größerer Brechungsindex im Kern als im Mantel. Durch diesen Unterschied des Brechungsindex breitet sich das eingebrachte Licht nur im Kern aus, nicht aber im Mantel. Weiter ist die Faser mit einem Polymermantel beschichtet um den Kern vor äußeren Einflüssen, besonders Feuchtigkeit zu schützen. Meist ist dies ein Polyamidmantel wenn es sich um Dehnungsaufnehmer handelt, da dieses Material die Dehnung des Bauwerks gut auf die Faser übertragen kann.

Um nun die Faser als Dehnungssensor zu verwenden muss das Bragg-Gitter in den Faserkern eingebrannt werden. Dies kann auf zwei Arten erfolgen:

  • Im Standardverfahren wird eine vorhandene Glasfaser vorsichtig abgemantelt, also der Kunststoffmantel entfernt, um nun mit einem Excimer-Laser (Gaslaser, der elektromagnetische Strahlung im ultravioletten Wellenlängenbereich erzeugt) das Interferenzmuster einzubrennen. Danach muss die Ummantelung mit größter Sorgfalt, um keine potentielle Schwachstelle zu erzeugen, wieder hergestellt werden. Da in eine einzige Faser bis zu 100 Gitter in Reihe geschaltet werden können, ist dieses Verfahren sehr zeitaufwendig.
  • Als zweites Verfahren kann das Bragg-Gitter direkt bei der Herstellung der Faser eingebrannt werden. Dazu wird der Excimer-Laser zwischen der Formung des Kerns und der Beschichtung positioniert. So kann das Gitter durch einen intensiven UV-Blitz während des Faserziehens eingebrannt werden. Um ein sauberes Gitter zu erhalten muss die Blitzdauer sehr kurz sein, da der Ziehprozess nicht angehalten werden kann und bei längerer Blitzdauer das Gitter verschwimmen würde. Der Nachteil bei diesem Verfahren ist, dass nur eine geringe Energie in der kurzen Zeit eingebracht werden kann und somit ein nicht so hoch reflektierendes Gitter hergestellt werden kann. Erst nach dem Einbrennen wird die Faser beschichtet und die Stelle des Gitters markiert um beim Messvorgang zu wissen an welcher Stelle welches Gitter sitzt.

Aufbau eines Lichtwellenleiters mit eingebranntem Bragg-Gitter, darüber die Änderung des Brechungsindex entlang des Gitters

Funktionsweise

Das Einbrennen des Bragg-Gitters in den Lichtwellenleiter mittels UV-Licht bewirkt Veränderungen des Brechungsindex des Faserkerns, sodass letztendlich drei verschiedene Brechungsindexe in der Faser vorliegen: Die Brechzahl des Mantels, des Faserkerns und die des Gitters.

Das Gitter hat ein bestimmtes Interferenzmuster, welches sich durch den periodisch ändernden Brechungsindex im Faserkern definiert. An diesen Stellen wird das in die Faser eingestrahlte Licht teilweise reflektiert, was zu einer konstruktiven Überlagerung führt. Im Analysegerät, welches das transmittierte Licht analysiert, fehlt dann genau dieser spektrale Anteil des Lichts.

Der reflektierte Anteil entspricht einer bestimmten Wellenlänge die sich durch folgende Formel berechnen lässt:

\lambda_B = 2 \cdot n_{eff} \cdot \Lambda

\lambda_B bezeichnet die für das Bragg-Gitter charakteristische Wellenlänge, auch Bragg-Wellenlänge genannt, n_{eff} ist der effektive Brechungsindex des Lichtwellenleiters und \Lambda die Periode der Brechungsindexänderung.

Die Bragg-Wellenlänge ist also abhängig vom effektiven Brechungsindex des Lichtwellenleiters und der Gitterperiode. Ändert sich nun einer der beiden Parameter ändert sich auch die Bragg-Wellenlänge. Die Wellenlänge steigt wenn das Gitter gedehnt wird bzw. die Temperatur steigt, erfährt das Gitter negative Dehnung also eine Stauchung oder sinkt die Temperatur sinkt die Wellenlänge. Dieser Unterschied zur Ursprünglichen Wellenlänge registriert das Analysegerät und kann so bestimmen in welchem Bereich des Bauwerks eine Veränderung eingetreten ist. Es gibt einige wichtige Kenngrößen der Faser-Bragg-Gitter, die für das Messen mit diesen Sensoren bekannt sein müssen, sich weitgehend in Formeln ausdrücken und berechnen lassen. Für weitere Informationen kann die im Anhang genannte VDI/VDE-Richtlinie hinzugezogen werden.

Transmissionsspektrum eines Faser-Bragg-Gitters

Bewertung

Die Vorteile dieser Messtechnik liegen in den großen Dehnungen und Unterschieden im Bauwerk, die es messen kann. Die Fasern sind in Neubauten leicht zu integrieren und weisen ein geringes Gewicht, wenig Platzbedarf und eine gute Korrosions- und Widerstandsfähigkeit auf. Lediglich auf die Knickempfindlichkeit muss geachtet werden: Ist die Faser einmal geknickt, ist die Übertragung des Lichtsignals unterbrochen und irreparabel, der Sensor ist somit zerstört. Die Integration in Bestandsbauwerke ist jedoch schwierig, da es nicht reicht die Faser an den Konturen des Bauwerks entlang zulegen. Sie sollte im Bauwerk eingebettet liegen, nimmt aber auch nur Veränderungen in ihrem unmittelbaren Umfeld wahr und leitet diese weiter. Ist das Einbetten in das Bauteil nicht möglich muss die Faser kraftschlüssig durch Kleben oder Laminieren aufgebracht werden. Dabei ist zu beachten, dass das Klebemittel die Dehnung des Bauteils an die Faser möglichst verlustfrei weiterleitet. Die Faser an sich ist recht kostengünstig, das benötigte Analysegerät für die Wellenlängen jedoch nicht.

Anwendungsgebiete

Der Einsatz dieses Messsystems ist sehr vielfältig und kann dank des Vorteils der Immunität gegen über elektrische Einflüsse auch in Problembereichen der Dehnungsmessung eingesetzt werden. So zum Beispiel an Bahnstrecken und Strommasten, deren Oberleitungen oder die Hochspannung ein elektrisches Feld ausbilden und somit andere Sensoren stören könnten. Auch in Bereichen der chemischen Industrie kann das Faser-Bragg-Gitter eingesetzt werden, da es gegen über chemischen Angriffen resistent, direkt am Sensor keine Stromquelle erforderlich und der Sensor somit explosionsgeschützt ist. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Überwachung von Offshore-Anlagen, also Windkraftanlagen im Meerwasserbereich. Die Sensorfaser ist feuchteunempfindlich, leicht und klein, sodass sie sich leicht an solchen Anlagen anbringen und integrieren lässt. Wie bereits erwähnt, kann eine einzige Faser bis zu 100 Bragg-Gitter tragen, womit also auch sehr lange Bauwerke wie weitgespannte Brücken oder sehr hohe Gebäude dauerhaft überwacht werden können.

Literatur