Mascha Krapp, Wintersemester 2010/11


English translation


Die Videoendoskopie ist ein Sonderverfahren der Sichtprüfung, welche das älteste und auch erfolgreichste Verfahren der zerstörungsfreien Bauwerksprüfung ist. Sie ist Bestandteil einer jeden Untersuchung am Bauwerk und ist einfach durchzuführen, erfordert aber ein hohes Maß an Erfahrung um korrekt angewendet zu werden. Die Natur hat den Menschen mit mehreren leistungsstarken „Prüfgeräten“ ausgestattet. Der Sehsinn ist von den fünf Sinnesorganen der Leistungsstärkste. Die Sichtprüfung kann mit dem bloßen Auge durchgeführt werden, das betreffende Bauteil oder –werk wird in Augenschein genommen, Qualitätsmerkmale werden geortet und bewertet. Im Regalfall ist die Sichtprüfung die erste Maßnahme einer zerstörungsfreien Schadensprüfung. Es ist eine oberflächliche oder oberflächennahe Prüfung, dessen Interpretation Erfahrung und genaue Kenntnisse erfordert, weswegen es zu hohen Qualitätsschwankungen und Ungenauigkeiten kommen kann.

Grundlagen zur Sichtprüfung

Auf folgende Punkte sollte bei einer Sichtprüfung geachtet werden:

  • Zuerst sollte ein grober Überblick geschaffen werden. Das zu betrachtende Bauteil oder Bauwerk sollte identifiziert und gekennzeichnet werden, auf Vollständigkeit und Anordnung sowie Bauart überprüft werden.
  • Dann sollten bestimmte Merkmale gezielt geprüft werden. Diese können sein:
    • Gestaltabweichungen, zum Beispiel Abweichungen der Form in Abmessungen, Geometrie oder Kontur der Bauteile, was sich in Unstimmigkeiten der Ebenheit, der Geradheit oder der Parallelität zeigen kann. Auch in der Oberfläche können sich solche Gestaltabweichungen in Form von Welligkeit, Rillen, Riefen, Schuppen oder ähnlichen zeigen.
    • Lageabweichungen, zum Beispiel Abweichungen in Parallelität, Rechtwinkligkeit, Lageposition, Symmetrie oder ähnlichen Eigenschaften.
    • Defekte oder Fehler, in Form von Störstellen, Inhomogenitäten, Rissen, Poren oder ähnlichen vom Herstellungsprozess bedingte Merkmale.
    • Schäden, die betriebsbedingt das Bauteil geschädigt haben, so zum Beispiel Korrosion, Verschleißerscheinungen, Anlauffarben.

Um nun Schadstellen, verwinkelte Ecken, Risse oder Hohlräume näher zu betrachten, können zur erweiterten Sichtprüfung Endoskope eingesetzt werden.

Die Grundkomponenten eines jeden Endoskops sind Lichtquelle, Lichtleiter und das Endoskop selber, welches das Bild überträgt. Es gibt vier Arten von Endoskopen:

  • Starre Endoskope
  • Gelenkarmendoskope
  • Flexible Endoskope
  • Videoendoskope

Starre Endoskope

Starre Endoskope werden am häufigsten im Bauwesen eingesetzt um schadhafte Stellen ausfindig zu machen und diese näher zu betrachten. Diese Art von Endoskopen hat die beste Art der Bildübertragung, da das Bild nicht in einzelne Bildpunkte zerlegt wird sondern über ein spezielles Linsensystem übertragen und gegebenenfalls vergrößert wird. Durch das Okular kann das so erzeugte Zwischenbild betrachtet werden. Die Beleuchtung des zu untersuchenden Objekts kann über einen ungeordneten Glasfaserstrang erfolgen der in das Endoskop integriert ist und mit einer Lichtquelle verbunden. Diese Art der Beleuchtung hat eine sehr gute Beleuchtungsstärke, im Gegensatz zu einer Glühlampenbeleuchtung die ebenfalls in das Endoskop integriert werden kann. Diese hat hingegen eine sehr gute Ausleuchtung im Nahbereich, da eine sehr gleichmäßige Lichtverteilung, jedoch bei kleiner Ausleuchtweite erzeugt wird.

Der Endoskopdurchmesser kann, ja nach Bedarf, 1,5 mm bis 15 mm betragen. Je nach Anwendung sollte immer der größtmögliche Durchmesser gewählt werden um so die beste Bildqualität und Helligkeit zu erreichen. Außerdem können verschiedene Betrachtungsrichtungen gewählt werden: Vorwärts, seitwärts, schräg voraus oder rückwärts. Ebenfalls eingestellt werden kann der Blickwinkel. Die Blickrichtung kann durch Prismenvorsätze oder Schwenkspiegel variiert werden. So kann zum Beispiel ein Hohlraum vollständig erfasst und analysiert werden. In den meisten Einsatzfällen ist eine fokussierbare, weitwinklige Aufnahme wünschenswert, der Objektabstand kann im Millimeterbereich liegen und bis in den Dezimeterbereich vergrößert werden.

Alter Endoskopsatz. Starre und flexible Endstücke. Kamera zum aufschrauben und seperater Lichtwellenleiter zur Beleuchtung (Lichtquelle nicht auf dem Bild dargestellt)

Gelenkarmendoskope

Gelenkarmendoskope sind im Grundgerüst wie Starre Endoskope aufgebaut und werden im Bauwesen selten eingesetzt. Durch den Einbau von Gelenken wird das Endoskop in bewegliche Glieder unterteilt. In den Gelenken sitzen Umlenkprismen die das Bild an das Okular weiterleiten und somit eine gute Bildqualität bieten.

Flexible Endoskope

Diese Art von Endoskop bietet eine größere Bewegungsfreiheit als zum Beispiel die starren Endoskope. Bis auf Objektiv und Okular ist dieses Endoskop vollständig flexibel, was aber eine andere Art der Bildübertragung erfordert. So wird hier das vom Objektiv erzeugte Zwischenbild über geordnete Glasfaserstränge zum Okular übertragen. Jede einzelne Glasfaser überträgt einen Bildpunkt, so hängt die Bildqualität von der Anzahl der Fasern ab. Daraus folgt, dass die Auflösung und die Bildschärfe abhängig ist von der Anzahl der Glasfasern. Der Durchmesser kann so 0,64 mm bis 20 mm betragen. Bei der Handhabung dieses Endoskops muss besonders beachtet werden, dass es trotz der hohen Flexibilität nicht geknickt werden darf, da sonst die Glasfasern brechen können und jeder Bruch einer Faser bedeutet den Ausfall eines Bildpunktes. Um die volle Beweglichkeit auszunutzen kann der Objektkopf durch einen Manipulator von außen gesteuert werden. So kann Blickrichtung und –winkel beliebig eingestellt werden.

Videoendoskope

Videoendoskope sind miniaturisierte Videokameras bei denen der CCD-Kamerachip im Endoskopkopf montiert ist. Die Bildübertragung erfolgt somit auf elektronischem Wege. Der Aufbau ist dem des flexiblen Endoskops sehr ähnlich. Ein weiterer Vorteil des Videoskops ist die verlustarme Bildübertragung bis zu 20 Meter. Die Beleuchtung erfolgt hier auch über ungeordnete Glasfasern. Das vom Kamerachip erzeugte digitale Bild wird meist von einem Prozessor aufgearbeitet und an einen Ausgabemonitor weitergeleitet. Der heutige Stand der Technik erlaubt es sehr kleine Kamerachips herzustellen, sodass Videoendoskope in einem Durchmesser von 6 bis 20 mm verfügbar sind. Auch ist die Dokumentation der Prüfung bei dieser Art der Endoskopie sehr einfach. Gesehene Bilder oder Videosequenzen können auf integrierte Speichermedien (SD-Karte) gespeichert und aufgezeichnet werden und direkt mit Datum, Standort, Prüfer und weiteren wichtigen Daten versehen werden.

Für beinahe alle Endoskope gibt es verschiedene Linsen und Aufsätze die ausgetauscht und aufgesetzt werden können. Ein Aufsatz mit einer Skalierung, ähnlich einer Risslupe, kann z.B. zum sofortigen Ausmessen von Merkmalen dienen.

Flexibles Videoendoskop

Literatur

  • Merkblatt über die Sichtprüfung und Endoskopie als optische Verfahren zur Zerstörungsfreien Prüfung im Bauwesen. Merkblatt B6 der Deutschen Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung e.V. Ausgabe 1996.
  • Sichtprüfung und Endoskopie. Skript der Deutschen Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung e.V. zur gleichnamigen Vorlesung.
  • Endoskop. Wikipedia.