Mi. 09.06.2021 18:15 Uhr

Personaleinsatzplanung und Bettenplanung im Krankenhaus

Prof. Dr. Alexander Hübner

Lehrstuhl für Supply and Value Chain Management, TUM School of Management

Prof. Dr. Clemens Thielen

Professur Komplexe Netzwerke


Webinar-Einwahldaten

Jun 9, 2021, 06:15 p.m.

Personnel Deployment and Bed Planning in the Hospital

Professor Alexander Hübner

Chair for Supply and Value Chain Management, TUM School of Management

Professor Clemens Thielen

Professorship of Complex Networks


Zoom Webinar


Moderation: Univ.-Prof. Dr. med. Marion Kiechle

Diese Pläne kann man nicht mehr händisch auf Papier machen


Am TUM Campus Straubing erforschen Prof. Alexander Hübner und Prof. Clemens Thielen Ressourcenmanagement und Optimierungsverfahren – ein Thema, das während der Pandemie im Gesundheitswesen entscheidende Bedeutung bekam. Im Interview geben sie einen Einblick in ihre Covid-19 Lecture „Personaleinsatzplanung und Bettenplanung im Krankenhaus“ am 9. Juni.


Hätten wir mit einer besseren Betten- und Personalplanung in den Krankenhäusern weniger strenge Corona-Maßnahmen gebraucht?

Hübner: Nein, aber Kliniken, Personal sowie Patientinnen und Patienten konnten gerade in der Pandemie von einer guten Einsatzplanung der Ressourcen profitieren. Was ja in der öffentlichen Diskussion um die Intensivbetten gern vergessen wird: Ein Krankenhausbett steht nur dann zur Verfügung, wenn auch das entsprechende Personal und das Equipment vorhanden sind.

Thielen: Dienstpläne für einen Rund-um-die Uhr-Betrieb, bei denen die unterschiedlichen Qualifikationsstufen, die gesetzlichen Vorschriften wie etwa Ruhezeiten, sowie die Wünsche der Mitarbeitenden berücksichtigt werden müssen und es trotz Personalmangels eine absolute Ausfallsicherheit geben muss, kann man eigentlich nicht mehr händisch auf Papier erstellen – das gibt es aber in Kliniken immer noch.

Hübner: In der Pandemie sind zudem die eingespielten Planungsabläufe aufgebrochen worden, weil die Kliniken die Corona-Stationen von den anderen Bereichen trennen mussten. Wo zuvor noch für einzelne Stationen geplant wurde, musste jetzt das Krankenhaus im Gesamten betrachtet werden.


Welche Werkzeuge können den Kliniken helfen?

Hübner: Für die Bettenplanung können digitale Tools angepasst werden, die in der Industrie für die Produktionsplanung eingesetzt werden. Die mathematischen Verfahren, die dahinter stecken, sind letztlich die gleichen, egal ob Sie die Belegung einer Maschine oder eines Bettes planen. Die Industrie ist allerdings viel weiter digitalisiert als das Gesundheitswesen.

Thielen: Für die Personalplanung haben wir eine Software entwickelt, die bereits in Krankenhäusern im Einsatz ist. Was in der Zeit, in der Ärztinnen oder Pfleger aufgrund von Quarantäne kurzfristig ausgefallen sind, besonders geholfen hat: Mit dem Programm kann man für jede Schicht eine komplette Ersatzbesetzung einplanen. Wenn die Mitarbeitenden größere Planungssicherheit und Fairness erleben, erhöht das natürlich stark die Zufriedenheit. Und angesichts des massiven Personalmangels werden sich die Arbeitgeber anderes auch nicht mehr lange leisten können.


Wie profitieren die Patientinnen und Patienten von der Digitalisierung?

Hübner: Die Kliniken können nicht nur kosteneffizienter arbeiten, sondern auch die konkrete Versorgung verbessern. Das fängt schon mit der Einlieferung ins Krankenhaus an. Bislang müssen die großen Häuser, die sogenannten Maximalversorger, jeden Patienten annehmen, der mit dem Krankenwagen ankommt. Im ungünstigen Fall wird dieser deshalb in eine überfüllte Klinik gebracht, während in der Nähe noch viele Betten frei wären. Viel besser würde das mit einem System funktionieren, in dem jederzeit ablesbar ist, wo welche Betten und welches Personal zur Verfügung steht. Und dann könnten sogar noch automatisiert die gängigen Patientenwünsche berücksichtigt werden, sodass eine ältere Dame nicht mit einem Teenager auf ein Zimmer kommt.


Professor Alexander Hübner

Alexander Hübner (geb. 1978) ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der TUM, wo er den Lehrstuhl für Supply and Value Chain Management am Campus Straubing innehat. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Gestaltung nachhaltiger Lieferketten. Seine Tätigkeit umfasst die Entwicklung von Entscheidungsunterstützungsystemen in den Bereichen Transport, Bestandsmanagement, Kapazitätsmanagement und Sortimentsplanung mit speziellen Anwendungen im Einzelhandel, in der Konsumgüterindustrie und im Gesundheitswesen.

Prof. Hübner studierte Betriebswirtschaftslehre an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, wo er auch seine Promotion und Juniorprofessur absolvierte. Anschließend wechselte er an das Massachusetts Institute of Technology (MIT), wo er als Associate Professor am Luxembourg Centre of Logistics des MIT tätig war. Vor seinem Wechsel an die TUM leitete er das Institut für Supply Chain Management an der European Business School in Oestrich-Winkel. Darüber hinaus war er sechs Jahre lang als Projektmanager bei McKinsey & Company tätig. Er leitet die EURO Working Group on Retail Operations.

Wichtigste Auszeichnungen

  • Top-50 im Ökonomen-Ranking der WirtschaftsWoche (2020)
  • Emerald Literati Award für Outstanding Paper im International Journal of Physical Distribution and Logistics Management (2019)
  • Wissenschaftlicher Beirat, Bundesvereinigung Logistik (2018)
  • Editor-in-Chief, Logistics Research (2018)
  • Gasteditor, Journal of Operations Management (2021), European Journal of Operational Research (2019 & 2020) und OR Spectrum (2017)



Professor Clemens Thielen

Clemens Thielen (geb. 1984) ist Professor für Mathematik am TUM Campus Straubing, wo er die über die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf besetzte Professur für Komplexe Netzwerke innehat. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit effizienten Optimierungsverfahren und deren Anwendung auf praktische Probleme wie beispielsweise die Personaleinsatzplanung für Ärzte in Krankenhäusern und die Entwicklung nachhaltiger Lösungen für die Überflutungsvorsorge bei Starkregen. Seine Forschung wird unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) gefördert.

Professor Thielen studierte Mathematik an der University of Cambridge (England) und der Technischen Universität Kaiserslautern, wo er nach seiner Promotion auch als Postdoktorand und Juniorprofessor tätig war. Von April 2016 bis März 2017 vertrat er den Lehrstuhl für Wissenschaftliches Rechnen an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und im März 2017 nahm er eine einmonatige Gastprofessur an der Fakultät für Informatik der Université Paris Dauphine (Frankreich) wahr.







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