Artenschutz

Gefährdete Arten in Bayern

Artenschutz ist ohne die Unterstützung der Bevölkerung nur schwer umsetzbar. Denn in vielen Fällen kann er nur effektiv erfolgen, wenn die Menschen ihre Gewohnheiten anpassen und ihr Handeln dem Wohl der Biodiversität unterordnen. Der Aufwand diesen Sinneswandel zu erreichen ist neben dem Umfang der Einschränkungen auch stark von der zu schützenden Art abhängig: Arten, die als wenig ästhetisch oder nützlich empfunden werden, wird weniger Interesse entgegengebracht. Ähnliches gilt für scheue oder sehr kleine Arten, die von der Gesellschaft kaum wahrgenommen werden und deren Aussterben dadurch als weniger verhängnisvoll aufgefasst wird.

MOOSAIK - Artenschutz mit Augmented Reality

Um auch diese Tiere effektiv schützen zu können, ist es von großer Bedeutung die passenden Kommunikationsmittel hinzuzuziehen. Sie bestimmen auf welchem Weg um die Aufmerksamkeit der Menschen gekämpft wird, wie auf Zusammenhänge hingewiesen, auf Gefahren aufmerksam gemacht und Sachverhalte erklärt werden. Augmented Reality (AR) bietet großes Potenzial diese Aufgaben zu unterstützen.


Mit freundlicher Unterstützung von der Wildland-Stiftung Bayern.

(Wissenschaftliche Publikation)




 

            



AR App MOOSAIK

Die Projektentwicklung am Leibniz-Rechenzentrum, V2C


              




Bei dem Projekt "MOOSAIK" wurden die Möglichkeiten neuer Technologien (im speziellen AR) für die Umweltkommunikation erprobt. Warum ist die Umweltkommunikation ein so wichtiges Thema?

Tagtäglich prasseln unendlich viele Informationen auf uns ein. Dabei kommen manche Inhalte teilweise etwas zu kurz. Zum Beispiel wie es mit dem Artenschutz in Bayern weitergehen soll und mit den bunten Biotopen, die für das Weiterbestehen so vieler Tier- und Pflanzenarten unentbehrlich sind. Hier setzt die Umweltkommunikation an: Erst einmal muss sie um die Aufmerksamkeit der Menschen kämpfen, sich Gehör verschaffen, um dann auf Zusammenhänge hinzuweisen, Sachverhalte zu erklären und Gefahren aufzuzeigen. Sie übernimmt damit einen ersten wichtigen Schritt, um eine Veränderung zu erreichen.








Weshalb haben Sie für diese Zwecke eine Applikation mit Augmented Reality gewählt?

Auf welchem Weg Inhalte vermittelt werden ist entscheidend dafür, ob die Menschen hinhören, die Inhalte verstehen, sie weitererzählen und letztendlich im Sinne des Umweltschutzes handeln. Um auch in Zukunft den besten Kommunikationsweg wählen zu können, ist es wichtig auszutesten, welche Möglichkeiten sich mit den neuen Technologien ergeben. Augmented Reality ist zwar gar nicht mehr so neu, in der öffentlichen Wahrnehmung ist sie aber erst in den letzten Jahren angekommen. Das liegt vor allem daran, dass die Entwicklung der Mobilgeräte es jetzt ermöglicht auch mit Standard Geräten AR flüssig zu erleben.

Unser Ansatz war, dass AR viele Chancen für die Umweltkommunikation bietet, da die Technologie es ermöglicht Inhalte direkt in der Natur zu verankern. Der Nutzer wird nicht ununterbrochen an den Bildschirm des Smartphones gebunden und steht an Ort und Stelle, um zu lesen oder Videos anzuschauen. Mit AR kann der Nutzer (zurzeit noch über ein Mobilgerät) dazu motiviert werden die Natur um sich herum zu erkunden und lebensechte 3D-Modelle entdecken.





                          

                  



In der MOOSAIK App können neben Wiesenbrütern auch verschiedene Blumen und Insekten entdeckt werden. Wie ist die Wahl auf diese sehr spezifischen Arten gefallen?

Der große Brachvogel, der Kiebitz und die Bekassine gehören zu den Vogelarten, die in der Vergangenheit in großer Zahl auch in Bayern vorkamen, mittlerweile aber bedroht sind. Vor allem durch den Verlust ihrer Lebensräume sanken ihre Populationen in den letzten 30 Jahren dramatisch. Damit zählen sie zu den Tierarten, die lange Zeit kaum aus der bayerischen Natur wegzudenken waren, bei der Bevölkerung heute aber in Vergessenheit geraten sind. Um eine Akzeptanz der Schutzmaßnahmen für Tiere zu erreichen, die den Menschen fremd sind, bedarf es besonderer Anstrengungen. Deswegen haben wir uns entschieden uns thematisch nicht mit Elefanten, Eisbären oder Pandas auseinanderzusetzen, sondern mit weniger bekannten heimischen Arten. Die AR App stellt damit einen ersten Kontakt zwischen Mensch und Tier dar.

Als Repräsentant bedrohter Arten, welche sehr klein sind wählten wir den Ameisenbläuling. Die AR App dient dabei auch wie ein Vergrößerungsglas, womit der Falter von Nahem betrachtet werden kann. Bei den Pflanzen konzentrierten wir uns auf Moorpflanzen aus Deutschland.




  

Kiebitz 3D-Modell

Was waren besondere Herausforderungen bei der Konzeption des Projekts?

Das Ziel die AR App einzusetzen, um ein Bewusstsein für seltene, scheue, kleine Arten aufzubauen stellte uns vor vielen Fragen: Wie sollen die Tiere in AR repräsentiert werden? Wie sollen sie wirken und wie aussehen? Ist ein realistisches Aussehen zielführender als ein abstraktes? Tritt bei virtuellen Tieren auch das Phänomen des Uncanny Valley auf? Sind Animationen wichtig für die Wahrnehmung? Und will unsere Zielgruppe die Arten überhaupt in AR betrachten? Wie können wir die Aufmerksamkeit der Nutzer über die App auf die Natur richten, ohne zu stark von ihr abzulenken?

Zu Beginn des Projekts beschäftigten wir uns hauptsächlich mit der Darstellung der 3D-Modelle der Tier- und Pflanzenarten. Abstrahierte 3D-Modelle mit Comic Charme wurden mit sehr realistischen Versionen verglichen und verschiedene Animationen ausgetestet. Um sicherzustellen, dass die AR Anwendung auch auf leistungsschwächeren Endgeräten erlebt werden kann, stand die Minimierung des Speicherverbrauchs immer mit auf der Agenda.




                 

                        







                                

             

Die Entwicklung und Animation der 3D-Modelle der Tier - und Pflanzenarten hat eine wichtige Rolle in der Projektdurchführung eingenommen. Vor welche Schwierigkeiten hat Sie diese Aufgabe gestellt?

Nach einigen Nutzerbefragungen konnten wir sicher sein, dass eine möglichst naturgetreue Darstellung der 3D-Modelle für dieses Projekt sinnvoll ist. Allerdings sollte die App natürlich auf einem gängigen Smartphone ausgeführt werden können. Eine der größten Herausforderung war daher abzuschätzen, wie viele Details die technischen Rahmenbedingungen zulassen.

Gerade die Pflanzen haben teilweise sehr viele kleine Details: der Teufelsabbiss zum Beispiel, hat an einer Pflanze dutzende kleine Blüten. Hier gab es kaum eine andere Möglichkeit als eben so viel Geometrie zu verwenden. Also haben wir iterativ gearbeitet und sind von zunächst sehr groben Modellen zu letztendlich doch recht detailreichen und realistischeren Modellen übergegangen.

Bei der Erstellung der Tiere war es uns wichtig unterschiedliche Techniken auszutesten. Zu Beginn des Projekts haben wir mit den Darstellungsarten des Kiebitz experimentiert und ihn komplett selbst modelliert. Der Aufwand die 3D-Modelle komplett von Grund auf zu modellieren und texturieren war allerdings sehr hoch. Daher suchten wir nach Möglichkeiten diesen Prozess zu beschleunigen.

Neben spezieller Sculpting Software experimentierten wir dann auch mit Photogrammetrie, was sich als die ideale Lösung erwies. Viele seltene Tier und Insektenarten sind in Natursammlungen als Präparate zu finden und können mit verhältnismäßig wenig Aufwand digitalisiert werden. Die Wildland-Stiftung Bayern stellte uns ein Tierpräparat des großen Brachvogels zur Verfügung, welches wir unter Zuhilfenahme von Photogrammetrie Software digitalisierten. So bekamen wir schnell ein sehr akkurates 3D-Modell, das wir dann für die Anwendung aufbereiten und animieren konnten.






Screenrecordings

Recordings of MOOSAIK AR App







AR App MOOSAIK im Einsatz